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arcAKTUELL 4.2014 - Bis ans Ende der Welt

Die weltweit größte Lärm- und Ruhekartierung managen Lärm macht krank, stresst und stört – Ruhe hingegen macht gesund, re- generiert und hält fit. Das hat auch die Europäische Union (EU) erkannt und im Jahr 2002 die Umgebungslärm-Richtlinie erlassen. Danach sind alle 28 EU-Staaten verpflichtet, erst die bei ihnen existierenden Lärm- belastungen zu erfassen und in Lärmkarten darzustellen, dann unzumut- bar hohen Lärm zu vermindern und jene Gebiete, die noch ruhig sind (Ruhige Gebiete), zu schützen. Eine Doktorarbeit – entstanden am Leibniz-Institut für ökologische Raum­entwicklung (IÖR) und an der TU Dresden – zeigt, wie man diese Aufgaben höchst effektiv lösen kann. Und das nicht nur theoretisch, sondern ganz praxisnah. Denn das entwickelte Konzept wird sogleich für Hessen und Deutschland umgesetzt. Eine wesentliche Neuerung be- steht darin, alle Lärmquellen zu kartieren – und nicht nur die stärksten, wie es die EU fordert und wie es bisher üblich ist. Alle Lärmquellen zu betrachten stellt höchste Anforderungen an das gesamte Datenmanagement. Das gilt schon für eine einzige Kartie- rung und erst recht für die Doktorarbeit mit ihren 400 Kartierungen und dem damit weltweit größten Lärmdatensatz. Dank ArcGIS for Desktop Advanced und der Erweiterung Spatial Analyst gelang es, diese an- spruchsvolle Aufgabe sicher, elegant und schnell zu meistern. Mit ArcGIS wurden die Eingangsdaten überprüft und für die Lärmberechnungen mit CadnaA aufbereitet, die Ergebnisse mit anderen Daten verknüpft, analysiert und kartografisch dargestellt. Das Vorgehen ist leicht auf an- dere Kartierungen übertragbar, da man nur bewährte und sofort verfüg- bare Techniken benötigt. Für das Bundesland Hessen eröffnet die Doktorarbeit völlig neue Pers- pektiven und Chancen. Die aktuellen amtlichen Kartierungen beinhalten den Großflughafen Frankfurt, 25 Prozent des Schienen- und 8 Prozent des Straßennetzes. Sie besagen: 13,2 Prozent der Bevölkerung sind un- zumutbar hohem Straßenlärm ausgesetzt. Ruhige Gebiete wurden kei- ne gefunden. Ganz anders die Doktorarbeit: Sie kartiert 100 Prozent des Schienen- und 100 Prozent des Straßennetzes. Dadurch wird deutlich, dass der Anteil der von Straßenlärm belasteten Bevölkerung bei 54,5 Prozent liegt, während er beim Gesamtlärm (Summe aus Flug-, Straßen- und Schienenlärm) sogar 62,5 Prozent beträgt. Die tatsächlichen Lärmbelastungen sind somit vier- bzw. fünfmal höher als bisher angenommen. Die Untersuchungen innerhalb der Doktorar- beit finden aber auch weit über 10.000 ruhige Gebiete, darunter viele innerstädtische. Hessens größtes Gebiet dieser Art (53 km²) ist fast de- ckungsgleich mit dem Nationalpark Kellerwald-Edersee. Ruhige Gebie- te stimmen aber nicht systematisch mit bestehenden Schutzgebieten überein, sondern sind ein eigenständiges Schutzgut. Die Doktorarbeit legt auch die erste Deutschlandkarte der Ruhigen Ge- biete vor. Von den 28 Großgebieten mit mehr als 100 km² liegen 73 Pro- zent in für den Tourismus attraktiven Gebieten – das größte (305 km²) im Müritz-Nationalpark. Ruhige Gebiete sind also keineswegs langwei- lig, sondern eine prima Werbung für sanften Tourismus. Künftige Lärmkartierungen sollten stets alle Lärmquellen beinhalten. Das ist nicht nur einfacher und preiswerter als die bisherige Praxis, sondern führt auch zu weitaus besseren Ergebnissen. Davon profitieren alle: Politik, Verwaltung und Gesellschaft können die richtigen Prioritä- ten setzen und effizient handeln, jeder kann ruhige Wohn- und Urlaubs- orte finden u. v. a. m. Gute Aussichten für mehr Gesundheit, Lebensqua- lität und Wohlbefinden. Dr.-Ing. Martin Jäschke www.ruhige-gebiete.de ++ Die Karte zeigt den Gesamtlärm – das heißt die wirkungsgerechte Summe von Straßen-, Schienen- und Fluglärm. Die Karte zeigt Deutschlands hochwertige „Ruhige Gebiete“ – das heißt alle Flächen, deren Gesamtlärmpegel kleiner als 35 dB(A) ist. Deutschland Ruhiges Gebiet Hessen Gesamtlärm LDEN-Pegel in dB(A) > 75 65,1 – 75 55,1 – 65 45,1 – 55 35,1 – 45 ≥ 35 40 bi l d u ng u nd forsch u ng

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