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arcAKTUELL 3.2013: Karten erzählen Geschichten

s c h w e r p u n k t 11 Eigentlich hat es umgekehrt begonnen: Geschichten er- zählen Karten. Homers Odyssee ist nicht nur ein großes Epos, es ist auch ein Handbuch für eine Segelreise durch die Ägäis. Herodots Historien beschreiben die gesamte an- tike Welt, bis hin zu ihren Rändern, wo Inder hundsgroße Ameisen nach Gold schürfen lassen. Ulysses, knapp 3.000 Jahre nach der Odyssee entstanden, ist auch ein Führer durch die Dubliner Pubs. Fleißige Joyce-Leser haben dar- aus bereits eine Karte im Web kompiliert. Da ein Erzählschema meist linear ist, ist die Erzeugung ei- ner Raumwahrnehmung anspruchsvoll. Der amerikanische Schriftsteller John Dos Passos, neben Hemingway und Faulkner einer der Hauptvertreter der amerikanischen Mo- derne, wendete als erster Techniken des Films auf den Ro- man an. Durch harte Schnitte und kurze Szenen wurden mehrere unabhängige Handlungsstränge zusammenge- führt und mit gut 100 Personen bevölkert. Mit jedem Schnitt war auch ein Wechsel des Orts verbunden, woraus sich nach und nach eine Topografie Manhattans ergab. Nun umgekehrt, Karten die Geschichten erzählen? Aus der flächigen Karte eine lineare Erzählung erzeugen? Historisch gesehen haben viele Karten eher Geschichte ge- macht als Geschichten erzählt. Das sind die Karten der mi- litärischen Aufmärsche, der Grenzziehungen, der kolonia- len Aufteilung. Es gibt außerdem die Pressekartografie. Dort erzählen manche thematischen Karten Geschichten. Einige lügen dabei auch gern, nachzulesen bei Mark Mon- monier, Schriftsteller und Professor für Geografie an der Maxwell School der Syracuse University im US-Bundesstaat New York. Heute ist es die vornehmste und zugleich oft vernachlässig- te Aufgabe geografischer Informationssysteme, für effekti- ve Kommunikation zu sorgen. Von Roger Tomlinson stammt das Konzept der Informationsprodukte. Für ihn ist das GIS weniger ein System zum Managen von Information als viel- mehr zum Produzieren von Information. Die erzählende Karte ist genau solch ein Informationsprodukt, speziell eines für den Nichtfachmann, also für den Manager, den Ent- scheider oder den aktiven Bürger. Vor einigen Jahren wurde an dieser Stelle PowerPoint pro- blematisiert. Heute ist die klassische PowerPoint-Präsenta- tion, die jedes Thema dieser Welt auf eine Liste von vier bis acht Punkten reduziert, allgemein verpönt. Mit ihr gearbei- tet wird natürlich trotzdem. Aber es gibt jetzt Alternativen, etwa Prezi, wo der Präsentator durch eine Infografik navi- giert. Esri hat vor etwa zwei Jahren die Story Maps erfunden. Story Maps sind interaktive Webkarten mit eingebetteten Appli- kationen, verknüpft mit Text, Bildern und anderen Multime- diaelementen. Auf storymaps.esri.com finden sich sofort einsetzbare Templates, Hilfe zur inhaltlichen Gestaltung und zur technischen Umsetzung und natürlich viele interes- sante Beispiele. Sehr beliebt sind die Story Maps der Kate- gorie Map Tour. Sie zeigen Routen auf Karten, wobei die Stationen der Routen mit multimedialen Inhalten verknüpft sind. Diese Story Maps erzeugen tatsächlich eine lineare Erzählung und führen den Betrachter/Benutzer durch die Karte, so wie Joyce seinen Helden Leopold Bloom durch Dublin führt. Story Maps verbreiten sich immer mehr, nicht nur unter Esri Anwendern. Andere Technologieanbieter haben das Kon- zept übernommen und auf ihren eigenen Plattformen nachgeahmt. Die Story Maps, die man im Web vorfindet, widmen sich meist Themen allgemeinen Interesses. Doch auch ganz spezielle Fachanwendungen können durch Story Maps aufgewertet werden. Ein so komplexes Verfahren wie die Flurneuordung, wo viele Beteiligte zu informieren sind und eine gemeinsame Diskussionsgrundlage brauchen, ruft geradezu nach Story Maps. Es ist an der Zeit, Karten er- zählen zu lassen. Peter Ladstätter Esri Deutschland GmbH Kranzberg p.ladstaetter@esri.de ++ Kartenerzählen Geschichten

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