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arcAKTUELL 3.2012 - Reale und virtuelle Infrastrukturen

S C H W E R P U N K T 15 Bei der Hamburger Flutkatastrophe 1962 waren zeitweise die Stadtteile nördlich und südlich der Elbe voneinander abgeschnitten. Wegen des Hochwassers konnten weder die Elbbrücken bei Wilhelmsburg noch der alte Elbtunnel genutzt werden. Von 1968 bis 1975 wurde dann der neue Elbtunnel gebaut, mit drei Röhren und insgesamt sechs Fahrspuren auf über drei Kilometer Länge. Der Tunnel war für täglich 65.000 Fahrzeuge dimensioniert worden. Doch bereits kurz nach Eröffnung zog er so viel Verkehr an, dass er zum permanenten Nadelöhr wurde. Eine vierte Röhre, 2002 fertiggestellt, half nur wenig. Heute passieren täglich durchschnittlich 115.000 Fahrzeuge den Tunnel und produ- zieren jährlich circa 1.000 Stunden Stau. War der Bau des neuen Elbtunnels eine gute Entscheidung? Welche Rendite hat das Investment gebracht? Hat damit der Tourismus in Schleswig-Holstein zugenommen? Oder der Außenhandel mit Skandinavien? Oder wäre es sonst zum Verkehrskollaps in der Hamburger Innenstadt gekom- men? Über all diese Fragen kann man nur spekulieren, denn niemand weiß, was geschehen wäre, hätte man den Tunnel nicht gebaut. Damit wird es auch jetzt im Rückblick schwierig bis unmöglich, den Nutzen dieser Infrastruktur zu beurteilen. Michael Porter stellt in seinem Standardwerk „The Compe- titive Advantage of Nations“ lapidar fest, dass eine moder- ne Infrastruktur zwar eine wesentliche Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum sei, sie allein aber kaum Wett- bewerbsvorteile schaffe. Infrastruktur kostet viel Geld, ihr Aufbau dauert eher Jahrzehnte als Jahre, und ihr Nutzen ist schwer abzuschätzen. Da muss man sich dann nicht wun- dern, wenn wie jüngst bei der Abstimmung über die dritte Startbahn beim Münchner Flughafen die meisten mit Nein stimmen. Karten, Baupläne, Diagramme und sonstige technische Dokumentationen waren schon immer notwendig für Pla- nung, Bau und Unterhalt von Infrastruktur. Dadurch gehör- ten auch viele Infrastrukturbetreiber zu den Pionieren der geografischen Informationssysteme, allen voran die Ener- gieversorger. Während anfangs GIS vor allem als Werkzeug zur Planung und Dokumentation von Infrastruktur gesehen wurde, leisten heute GIS wesentliche Beiträge zu ihrem Be- trieb. Insgesamt werden durch die IT unsere Infrastrukturen zunehmend virtualisiert. Der Sparzwang, dem die Infra- struktur unterworfen wird, gilt daher gleichermaßen auch für die dort eingesetzte IT. Gerade die Dokumentation wird oft als lästige Pflichtübung und störender Kostenfaktor be- trachtet. Infrastruktur gerät oft ins Hintertreffen, wenn Ausgaben pri- orisiert werden. Dabei wird gern verdrängt, welche Risiken in veralteter Infrastruktur stecken. Die Munich RE bringt es in einem Beitrag zur Überalterung unserer Infrastrukturen auf den Punkt: „Solange es nicht zu schweren und spekta- kulären Schäden kommt, hat die Infrastruktur selten eine Lobby.“ Vielleicht können GIS jetzt helfen, solch eine Lobby zu ent- wickeln. Karten können komplexe Sachverhalte verständ- lich und eindrücklich vermitteln, durch interaktive Karten im Web können Betroffene und Entscheider, Bürger und Poli- tiker sich Auswirkungen von Infrastrukturplanungen veran- schaulichen und einen persönlichen Bezug aufbauen. Das wäre dann das Investment in GIS mit dem höchsten Return. Peter Ladstätter Esri Deutschland GmbH Kranzberg ++ INFRASTRUKTUREine notwendige wie undankbare Aufgabe

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