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arcAKTUELL 2.2012 - Erde 2.0 - GIS und Natur

s c h w e r p u n k t 27 mAvalanche – Smartphones im Einsatz für die Lawinenwarnung Bergführer Thomas Good schiebt seine Skier in gleichmässigen Schrit- ten durch den unberührten Pulverschnee Richtung Gipfel. Während sei- ne Gäste ihre Blicke in die Ferne schweifen lassen und die spektakuläre Aussicht geniessen, konzentriert sich Good auf den Schnee. Kurz vor dem Gipfel vernimmt er aus der Tiefe der Schneedecke ein dumpfes Wummgeräusch. Für den erfahrenen Alpinisten ist dies ein eindeutiger Hinweis auf eine instabile Schicht in der Schneedecke. Das Wumm­ geräusch überrascht ihn nicht. Bereits am frühen Morgen hat er immer wieder grosse Schneeansammlungen gesehen, die der Wind letzte Nacht angehäuft hatte. Dieser sogenannte Triebschnee ist äusserst in- stabil und oft reicht bereits das Gewicht eines einzelnen Wintersport- lers, um mit ihm eine Schneebrettlawine auszulösen. Good blieb des- halb während des gesamten Aufstiegs in flachem Gelände. Auf dem Gipfel nimmt er sein iPhone hervor und öffnet mAvalanche, eine Appli- kation des WSL-Instituts für Schnee- und Lawinenforschung SLF. Routi- niert tippt er seine Beobachtungen zu den Triebschneeansammlungen und dem Wummgeräusch und seine persönliche Einschätzung der ak- tuellen Lawinengefahr in ein Formular ein. Dank GPS wird seine Positi- on automatisch erkannt und mit seinen Beobachtungen verknüpft. Nach wenigen Klicks sendet Good die Meldung um 11.30 Uhr ab. Am SLF in Davos erscheint wenige Sekunden später auf einem der grossen Bildschirme im Lawinenwarnraum der Hinweis, dass eine neue Meldung eingegangen ist. Good ist einer von 30 Schweizer Bergführern, die mit mAvalanche Mel- dungen aus dem Gelände an das SLF senden. Das Institut hat den nationalen Auftrag, die Öffentlichkeit über die aktuelle Schnee- und Lawinensituation in den Schweizer Alpen zu orientieren. In den Winter- monaten erstellt der Lawinenwarndienst des SLF deshalb zweimal täg- lich ein Lawinenbulletin. Die mAvalanche-Meldungen haben sich als ein integraler Bestandteil der Lawinenwarnung etabliert. Sie sind eine ide- ale Ergänzung zum traditionellen Messnetz des SLF, das unter anderem aus rund 170 automatischen Messstationen und 180 stationären Beob- achtern besteht. Ein wichtiger Vorteil von mAvalanche besteht darin, dass die Informationen ohne zeitliche Verzögerung zum Lawinenwarn- dienst gelangen. Früher meldeten die Bergführer ihre Beobachtungen meist erst, nachdem sie von ihren Touren zurückgekehrt waren. Da die Lawinenwarner das Bulletin abends bereits um 17 Uhr auf www.slf.ch publizieren, konnten sie viele dieser Rückmeldungen nicht mehr in das aktuelle Bulletin einbeziehen. Bei der Abfahrt vom Gipfel beobachtet Good an einem steilen Nord- hang eine frische Schneebrettlawine. Wieder zückt er sein iPhone, foto- grafiert die Lawine und kartiert sie mithilfe von mAvalanche. Auf der App sind sämtliche 1:25‘000-Karten der swisstopo verfügbar. Mit zwei Klicks zeichnet er den Start- und Endpunkt der Lawine auf der Karte ein. Die Lawinenwarner in Davos wissen dank Foto und Kartierung sofort, dass Lawinenabgänge momentan spontan auftreten, das heisst ohne Einwirkung einer Zusatzlast. Auch die Grösse, Exposition und Höhe der Lawine können sie auf der Karte erkennen. Bis 15 Uhr treffen am SLF in Davos neun weitere Meldungen ein und bestätigen die Beobachtungen von Good. Andere Bergführer, die in der gleichen Region unterwegs sind, betrachten den Triebschnee ebenfalls als Hauptgefahr. Auf dem mAvalanche-Server, einer am SLF entwickelten Webapplikation, können die Lawinenwarner die verschiedenen Meldungen als Tabelle darstellen oder auf der topografischen Karte der Schweiz visualisieren. Dank des Javascript-API von Esri ist schnell ersichtlich, aus welcher Region die Meldungen stammen und auf welcher Höhe sie gemacht wurden. Der Lawinenwarndienst des SLF arbeitet inzwischen seit vier Wintern mit mAvalanche. Die Zahl der Meldungen stieg von Jahr zu Jahr. Im Winter 2011/12 wurden mehr als 1.300 Meldungen erfasst. mAvalanche hat sich als zuverlässiges Beobachternetzwerk etabliert und wird stän- dig ausgebaut. Seit vergangenem Winter können Bergführer mit ihren iPhones zum Beispiel auch Informationen aus Schneeprofilen systema- tisch erfassen. Auf diese Weise erhalten die Lawinenwarner in Davos wertvolle ­Zusatzinformationen über die Schichtung der Schneedecke. Für die nächsten Jahre sind weitere Verbesserungen und Anpassungen an die neuesten Errungenschaften in der Computer- und GIS-Techno- logie geplant. WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF Forschungseinheit Warnung und Prävention Christoph Suter www.slf.ch ++

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