Der Kampf um die knappe und nicht vermehrbare Ressource Bodenfläche hat längst begonnen. Wir überbauen, zerschneiden und zersiedeln die Landschaft und nehmen dabei auch keine Rücksicht auf wertvolle Böden mit hohem Ertragspotenzial. Selbst in Schrumpfungsregionen wächst die Siedungs- und Verkehrsfläche weiter. Die amtliche Flächenerhebung mit ihren jährlichen Statistiken gibt dazu grundlegende Auskünfte. Für die Flächenhaushaltspolitik werden aber weit mehr Informationen benötigt, unter anderem zum Bodenversiegelungsgrad, zur Landschaftszerschnei- dung, zur Zersiedelung, zum Anteil der Innenentwicklung an der Gesamt- entwicklung, zur Flächenproduktivität usw. Einige dieser Informationen können durch die systematische Analyse von Geobasisdaten gewonnen werden, die flächendeckend zur Verfügung stehen. Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung in Dresden entwi- ckelt Verfahren zur Analyse und zum Monitoring von Flächennutzungs- entwicklungen, wendet sie deutschlandweit an und stellt die Ergebnisse im Monitor der Siedlungs- und Freiraumentwicklung (IÖR-Monitor) online bereit. Zur Beschreibung verschiedener Aspekte der Flächennutzung und ihrer Entwicklung und damit zusammenhängender Phänomene dienen Indikatoren, die für alle administrativen Gebietseinheiten (Bund bis Ge- meinden) räumlich und zeitlich vergleichbar in Form von Karten, Tabellen und Statistiken visualisiert werden. Zusätzlich wird ein Großteil der Indika toren auch rasterbasiert bis zu einer Rasterweite von 100 Meter dargestellt, was auch intrakommunale Differenzierungen ermöglicht. Das Indikatorensystem umfasst die Kategorien Siedlung, Freiraum, Ver- kehr, Bevölkerung, Landschaftsqualität, Landschafts- und Naturschutz, Risiko und Relief und die Indikatorwerte für 2006 – 2013. Es stehen über 60 Indikatoren zur Verfügung. Grundlage für die flächenbezogenen Ana- lysen sind insbesondere das Digitale Basis-Landschaftsmodell (ATKIS- Basis-DLM), das die Flächennutzung häufig verlässlicher darstellt als das Kataster. Für die Berechnung von Indikatoren zum Gebäudebestand wer- den die amtlichen Hausumringe (HU-DE) in Kombination mit Hauskoor- dinaten (HK-DE) und für einige Indikatoren auch Geofachdaten (unter anderem Schutzgebietsgeometrien) und Statistikdaten des Statistischen Bundesamts analysiert. Für jeden Indikatorwert, der auf der Analyse des Basis-DLM beruht, wird auf Grundlage der Metadaten ein Zeitstempel (mittlere Grundaktuali- tät) berechnet, der wegen der zyklischen, bis zu fünf Jahren dauernden Fortschreibung eines Flächenlandes deutlich hinter dem Datenbezugs- jahr zurückliegen kann. Da das ATKIS-Basis-DLM Flächenüberlagerungen erlaubt und Geoobjek- te teilweise nur linienhaft modelliert, muss aus den Daten eine flächen- deckende, redundanzfreie Flächennutzungsgeometrie erzeugt werden. Dazu werden relevante linienhaft modellierte Verkehrstraßen und Fließ- gewässer mittels Pufferung in eine Flächengeometrie verwandelt. Bei feh- lendem Breitenattribut wird mit empirisch ermittelten Standardwerten gepuffert. Flächenüberlagerungen werden nach einer Priorisierungsliste aufgelöst, die sich im Wesentlichen am Grad der anthropogenen Über- prägung orientiert. Ein hierarchisches Flächenschema mit den Hauptklas- sen Siedlung, Verkehr und Freiraum differenziert sich auf unterster Ebene in 36 Nutzungsklassen. Das flächendeckende und redundanzfreie Poly- gonnetz der Flächennutzung wird für die Berechnung der Indikatorwerte mit Verwaltungsgrenzen (VG25) und mit INSPIRE-konformen Rasterzel- len verschnitten. Für die webbasierte Kartendarstellung wurden spezielle interaktive Kartenviewer für die Visualisierung von Indikatoren in admi- nistrativer Gebietsgliederung bzw. als Rasterkarten entwickelt, die auch Tabellenauswertung und statistische Analysen erlauben. Sortier- und Ver- gleichsfunktionen in der Tabellenansicht ermöglichen die schnelle Extrak- tion extremer Indikator- oder starker Veränderungswerte. Etwa die Hälfte der Indikatorenrasterkarten wird auch als WMS-Dienst in Ein-Kilometer- Rasterweite angeboten. Wie unterschiedlich die infrastrukturelle Ausstattung in Deutschland ist, zeigt beispielhaft der Ausschnitt einer Rasterkarte der Straßendichte (» Ab- bildung 1). Die Berechnungen sind aufgrund der Komplexität, des Datenumfangs und der verschiedenen Datenquellen aufwendig. Für sie werden teilauto- matisiert Pythonskripte genutzt, wobei die Prozessierung auf Bundesland ebene stattfindet, was eine parallelisierte Bearbeitung ermöglicht. Am Ende werden die Teilgeometrien der Länder als Gesamtdatensatz fusio- niert und zur flächenstatistischen Auswertung herangezogen. Der IÖR-Monitor stellt eine dauerhafte wissenschaftliche Dienstleistung dar. Er nutzt die leistungsstarken Analysewerkzeuge von ArcGIS. Die er- arbeiteten Lösungen sind geeignet, Performance-Schwierigkeiten bei der Analyse sehr großer Datenbestände durch eine Kombination aus Kache- lung, paralleler Bearbeitung und Aufteilung von Analyseschritten in Ein- zelsequenzen zu umgehen. Für Raumplanung, Umweltverwaltung und Raumwissenschaft wird mit dem IÖR-Monitor ein leicht bedienbares Informationssystem zur Verfü- gung gestellt. Das Informationsangebot hilft politischen Akteuren, Ent- wicklungen einzuschätzen und evidenzbasierte Entscheidungen zu treffen. Auch kann es zu einer weiteren Qualitätsverbesserung der geotopografi- schen Datengrundlagen beitragen. Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e. V. Dr. Gotthard Meinel g.meinel@ioer.de Dr. Tobias Krüger www.ioer.de ++ Flächennutzung in Deutschland – was Geobasisdaten verraten s c h w e r p u n k t22