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arcAKTUELL 3.2015 - Über und unter der Erde - Umgang mit Ressourcen

Energiewende reloaded Die durch das Reaktorunglück von Fukushima getriebene Entscheidung der deutschen Bundesregierung, bis zum Jahr 2022 aus der Kernener- gienutzung auszusteigen, hat der Energiewende neuen Rückenwind ver- liehen und lässt nach einer Phase der Stagnation wieder einen starken Ausbau von regenerativen Technologien im ländlichen Raum innerhalb des nächsten Jahrzehnts erwarten. Es stellt sich jedoch die Frage, auf welchen Flächen dies geschehen soll und welche ökologischen, sozia- len und ökonomischen Optimierungspotenziale dabei zu erschließen sind. Nicht zuletzt ist Deutschland ein dicht besiedeltes Land, das da­ rüber hinaus durch intensive Flächennutzung geprägt ist. Werden den- noch Räume identifiziert, die der Energieerzeugung zur Verfügung ste- hen könnten, stellt sich im Sinne eines ganzheitlichen Planungsansatzes die Frage, welche Energieform die raumverträglichste Nutzungsart dar- stellt. Hierzu wurde ein innovativer Planungsansatz entwickelt, der es Projektentwicklern ermöglicht, neben den üblichen Standortfaktoren wie Windhöffigkeit, Globalstrahlung oder Infrastruktur zu ermitteln, wel- che der zahlreichen Technologieoptionen die beste Raumnutzung dar- stellt. Im vorliegenden Projekt wurde hierzu ein Prototyp am Institut für Geographie der Universität Augsburg entwickelt, der diesen Planungs- ansatz im Rahmen einer Web-GIS-Anwendung für öffentliche Entschei- dungsträger umsetzt. Raumkategorisierung Für die Studie fungierte die bayerische Planungsregion 9 als Modell­ region. Sie umfasst die Landkreise Donau-Ries, Dillingen, Aichach-Fried- berg und Augsburg sowie die Stadt Augsburg. Bebaute Flächen und Wasserflächen wurden aus der Modellberechnung ausgeschlossen. Um die variierenden räumlichen Standortvoraussetzungen für Energie- projekte isolieren zu können, wurden zu Beginn der Studie fünf grund­ legende Raumkategorien erstellt, die sich hinsichtlich ihrer Sensibilität gegenüber einer Technisierung durch erneuerbare Energien voneinan- der unter­scheiden: • Verletzlicher Raum (Naturschutzgebiete, FFH-Gebiete, …) • Dienstleistungsraum (Pufferzonen um Kulturlandschaftselemente) • Landwirtschaftlicher Raum (Acker- und Grünland) • Forstwirtschaftlicher Raum (Waldflächen) • Vorbelasteter Raum (Pufferzonen um Bahnstrecken, Autobahnen und Konversionsflächen) Bei den Daten, die als Grundlage zur Erstellung der Raumkategorien dienten, handelt es sich ausschließlich um Open Data, die von der Euro­ päischen Umweltagentur, der Bayerischen Vermessungsverwaltung, dem Bayerischen Landesamt für Umwelt, den Landratsämtern der Landkreise und aus OpenStreetMap stammen. Von besonderer Bedeutung war es, Fehler in der Topologie zu vermeiden. Hierzu wurden die Daten mithilfe unterschiedlicher Werkzeuge (zum Beispiel Erase Tool) und in mehreren Schritten mit dem ArcGIS ModelBuilder bearbeitet. Planungsmodell Das Planungsmodell, das mit dem ArcPy site package entwickelt wurde, ermittelt die Kompatibilität von Windkraft, Fotovoltaik, Biomasse und Geothermie mit den zuvor bestimmten Teilräumen. Hierfür wurden acht Parameter definiert, anhand derer die Eignung einer Technologie für einen bestimmten Teilraum messbar wird: • Flächeneffizienz • Genehmigung • Gestehungskosten • Landschaftsintegration • Ökobilanz • Partizipation • Rückbaufähigkeit • Volllaststunden Mit diesem Modell wird geprüft, ob der Wert eines Parameters ­einer bestimmten Energieform gleich oder höher dem korrespondierenden Parameterwert einer Raumkategorie ist. Bei einem Modelldurchlauf wird dies für alle Energieformen und Raumkategorien angewendet. Eine Energieform wird einem Teilraum schließlich dann zugewiesen, wenn sie die größte Übereinstimmung mit den raumspezifisch erforderlichen Parameterwerten aufweist. Durch Simulation von technologischen Fort- schritten an den einzelnen Energieformen sind außerdem raumdynami- sche Analysen möglich, wenn beispielsweise eine Technologie durch stetige Optimierung eines raumrelevanten Parameters eine andere Technologie im Raum verdrängt. Webanwendung Das ArcPy Modell wurde als Geoprocessing Service auf einem ArcGIS Server publiziert und in eine mit der ArcGIS API for JavaScript entwickel­te Nutzeroberfläche eingebettet. In dieser entstandenen Webanwendung ist es dem Nutzer möglich, interaktiv die Parameterwerte für die vier Energieformen zu bestimmen oder zu verändern (vgl. Abbildung 1). Mit nur wenigen Klicks kann der Anwender sich einen guten Überblick über die räumliche Verteilung der erneuerbaren Energien verschaffen (vgl. Abbildung 2). Dadurch, dass die Kartendarstellungen vorheriger Mo- delldurchläufe in der Anwendung erhalten bleiben, bietet sich ihm die Möglichkeit, unterschiedliche Szenarien zu vergleichen, die etwa durch das Repowering einer Energieform oder durch Senkung der Strom­- gestehungskosten entstehen können. Hierdurch kann die Raumverträg- lichkeit des Ausbaus von erneuerbaren Energien in Deutschland stetig optimiert werden. Florian Simetsreiter Dr. Stephan Bosch Institut für Geographie, Universität Augsburg ++ Abbildung 1 Abbildung 2 s c h w e r p u n k t 15

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