Große Städte sind wunderbare Orte. Wirt- schaft und Kultur blühen, Menschen finden Arbeit und Gleichgesinnte. Aber urbane Räume sind eben auch: voll und schmutzig, teuer und unersättlich. belegt Kopenhagen regelmäßig Spitzenplätze in den Ranglisten der lebenswertesten Städte der Welt. Das ist gut fürs Stadtmarketing. Und für die Kopen hagener, die sich wohlfühlen in ihrer Stadt – obwohl der urbane Ballungsraum mit seinen fast 1,3 Millionen Einwohnern jährlich wächst. Kopenhagen liegt im Trend, denn die Urbanisierung der Welt schreitet mit riesigen Schritten voran. Wie intensiv dies geschieht, belegt eine virtuelle OnlineWeltkarte des EU Projekts „Global Human Settlement“: Gezeigt werden die urbanen Räume von 1975 bis heute, jede Großstadt wird durch einen grünen Punkt illustriert; je größer die Bevölkerungsdichte, desto größer seine Leuchtkraft. Verfolgt man die Entwicklung in den vergangenen Jahren, wirkt es, als glühe die Erde – so sehr verdichten sich die urbanen Zentren. 470 Millionenstädte zählt das Modell derzeit. 1960 waren es 100. Die UN geht davon aus, dass bis 2050 fast 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben werden. Ganz schön – und schrecklich Große Städte sind wunderbare Orte. Wirtschaft und Kultur blühen, Menschen finden Arbeit und Gleichgesinnte. Aber urbane Räume sind eben auch: voll und schmutzig, teuer und unersätt lich. Jede City ist eine überfüllte Dreckschleuder, viele Metropolen haben wörtlich genommen eine atemberaubend schlechte Luft, 75 Prozent der CO2Emissionen werden im urbanen Raum erzeugt. In vielen Megacities in Nigeria, Pakis tan, Iran oder China ist die Lage so dramatisch, dass die Feinstaubbelastung selbst für Besucher akut gesundheitsgefährdend ist. Und die Diskus sion um Dieselfahrverbote in Deutschland zeigt, wie groß der Handlungsbedarf auch bei uns ist. Die Urbanisierung erzeugt zwar viele Gewinner, aber noch weitaus mehr Verlierer: Laut UN lebt mehr als eine Milliarde Menschen in den Elends vierteln der großen Städte, bis 2050 könnten es drei Milliarden sein. Das wäre dann laut Bevöl kerungsprognosen fast jeder dritte Mensch auf dieser Erde. J A N G E H L Der Däne ist Pionier einer Stadtplanung, die sich nach den wirklichen Bedürfnissen der Bewohner richtet. Seine Kernfragen: Wo gehen die Menschen hin, wo verweilen sie, welche Orte meiden sie? WI S SEN 8 Die negativen Folgen des rasanten Städtewachs tums verdeutlichen, dass man die Urbanisierung nicht einfach geschehen lassen darf. Die Mega cities benötigen Konzepte, um die Kontrolle zu behalten – das gilt für die Metropolen in Afrika oder Asien, aber auch für die großen Städte in Europa, wo die Kluft zwischen Arm und Reich wächst, die Feinstaubbelastung steigt, die Müll entsorgung zum Problem wird. Und weil im Zuge der Digitalisierung alles „smart“ wird, vom Handy übers Auto bis hin zu Küchenmaschinen, entwickelt sich die Idee von der „Smart City“ zum Sehnsuchtsbegriff: alles digital, alles unter Kontrolle. Aber geht diese Rechnung überhaupt auf ? Und wenn ja, für wen? Zurück zu Jeff Risom und seiner Frage, für was das Adjektiv „smart“ im Zusammenhang mit der Urbanisierung eigentlich stehe. „Wir müssen aufpassen, dass wir beim Wandel der Städte in Smart Cities die Menschen nicht vergessen“, sagt der Leiter der Gehl Offices in New York und San Francisco. Bislang werde die „Smartness“ von Städten in seinen Augen häufig technisch beur teilt: Je höher der Grad der digitalen Vernetzung, desto zukunftsfähiger die City. Das nütze einigen wenigen, jedoch sei ein intelligentes Parkplatz leitsystem eine nette Sache für Wochenend einkäufer, die großen Probleme würden so nicht gelöst. Die Diskussion um Smart Cities hat meist einen technoiden Charakter, denn viele Fürsprecher des Begriffs sind große Technik und ITUnter nehmen. IBM, Google, Microsoft, SAP, Cisco, Siemens, Bosch – sie alle haben Geschäftseinhei ten gegründet, um „Smart City“ als Geschäfts modell voranzutreiben, sie setzen dabei auf das Internet der Dinge und Big Data, auf Sensorik und Künstliche Intelligenz. „Gegen diese Innova tionen ist nichts zu sagen“, sagt Jeff Risom: Tech nik sei der Motor des Wandels. „Jedoch muss zu Beginn einer jeden Überlegung immer die Frage stehen: Wie kann die Technik helfen, existenziel le, politische und soziale Probleme zu lösen.“ Fotografieren, twittern, Probleme lösen Ein Ausflug nach Buenos Aires. Die Hauptstadt Argentiniens hat knapp drei Millionen Einwoh ner, im Großraum leben mehr als 13 Millionen Menschen. Buenos Aires ist eine Schönheit, gele gen an der Mündung des Río de la Plata, gesegnet mit reichhaltiger Kultur und abwechslungsreicher Architektur: die Bezeichnung „Paris Südameri kas“ kommt nicht von ungefähr. Und doch gibt es immense Probleme, der Autoverkehr belastet die Luft, Busse und Bahnen sind veraltet, Pendler brauchen oft mehrere Stunden zur Arbeit. Der Río de la Plata ist verschmutzt, die Mülldeponien bersten, die Infrastruktur der Stadt knirscht und wackelt an allen Ecken und Enden.